Tom van Dutch | Photography

Winterquartier

Winterquartier

Deutschland 🇩🇪

Besucht: 02/2021

Online: 28.02.2021

Nachdem der VEB Zentral Zirkus 1963 gegründet wurde begann man mit dem Bau eines Winterquartiers. In der ersten Bauphase wurden mehrere Wohneinheiten, eine Kantine, Ställe für unter anderem Giraffen, Pferde und Elefanten, Werkstätten, sowie Büros errichtet. 
1965 entstand, auf der gegenüberliegenden Seite das „Objekt 2“.



Das gesamte Überwinterungsgebiet umfasste mittlerweile mehr als 11 Hektar und war das größte und modernste in ganz Europa. Besonders war, dass die vollzeitbeschäftigten Zirkusmitarbeiter in der Winterpause ihr volles Gehalt erhielten und das ganze Jahr über freie Unterkunft und Essen bekamen. 


1967 wurde das Mittelteil des ehemaligen Barlay-Baus hier wieder aufgebaut und mit dem Stall verbunden. In diesem, als Provisorium gedachten Rundbau, entstand eine weitere Probemanage. Bis 1982 erfolgte der Einbau einer Stahlkonstruktion für Luftdarbietungen, der letztendlich in Eigenregie erfolgte.


  • vier Wagenunterstellhallen
  • Futtermittelhalle für Heu und Stroh
  • Ausrüstungshalle für die Volksfesteinrichtungen
  • Stall für 20 Pferde, einen Exotenzug, Giraffe und Berolina-Elefant
  • Barlay-Rundbau als Probiermanege mit Regieraum, Garderoben, Werkstatt und Sanitärräumen


Der Rundbau wurde sowohl von der Staatlichen Fachschule für Artistik als auch für kleinere Veranstaltungen, wie Pressekonferenzen oder TV-Produktionen, genutzt.

In den Wintermonaten wurde das Winterquartier Heimstatt für alle drei Zirkusbetriebe und die Volksfesteinrichtungen.

Hier konnten die technischen Anlagen und Fahrzeuge überholt werden und Tierlehrer und Artisten probieren.
Das Winterquartier war ein eigenständiger Betriebsteil, in dem auch im Sommer ca. 50 Mitarbeiter an langfristigen Reparaturprogrammen bzw. an speziellen Neuanfertigungen arbeiteten.


Je schwieriger es wurde, zirkustypisches Material und Equipment aus der Volkswirtschaft zu erhalten, desto mehr musste sich das Winterquartier zur Basis technischer Rekonstruktion und Fertigung von Arbeits- und Grundmitteln entwickeln.
So wurden immer mehr Wagen selbst gebaut und Instandsetzungsarbeiten, bisher industriell ausgeführt, selbst übernommen.

Ab 1986 wurden daher eine Schneiderei, eine Sattlerei für die Reparatur von Zeltausrüstungen, eine Elektro- und Elektronikwerkstatt sowie eine Sandstrahlerei eingerichtet, sowie die Malerwerkstatt um eine Spritzlackiererei erweitert.

Requisiten entstanden anfangs in Kooperation mit Spezialbetrieben. Ab 1983 schafften der Einsatz eines Konstrukteurs und die Einrichtung einer eigenen Requisitenwerkstatt die Voraussetzungen, notwendige Arbeitsmittel rationeller und vor allem schneller herstellen zu können.

Auch über 30 Jahre nachdem im Unternehmen der Betrieb eingestellt wurde, kann man noch Reste der ursprünglichen Bebauung finden.


Der VEB Zentral Zirkus wurde bald europaweit bekannt und brachte der DDR gute Einnahmen ein. Man beschloss 1980 den Namen in „Staatszirkus der DDR“ umzubenennen, da der ursprüngliche Name wohl nicht der am besten klingende war.

Mit der Wende ging es leider bergab. Die Treuhandanstalt beschloss den Zirkus in vier separate Gesellschaften aufzuteilen - die Eros, Berolina, Busch und Circ-Commerz. 


Man stellte schnell fest, dass es keine gute Idee war und legte die Zirkusse 1991 unter dem Namen „Berliner Zirkus Union GmbH“ wieder zusammen. Doch das half alles nichts. Nach diversen Verkäufen (teilweise für 50 Cent), Rückkäufen und Zusammenschlüssen wurde die Berliner Zirkusunion bis 2000 vollständig aufgelöst und ihr gesamtes Vermögen entfernt. Die Tiere und Ausrüstung wurde an andere Zirkusse oder an Zoos verkauft.


Ein Großteil vom Winterquartier des Staatszirkus der DDR wurde abgerissen, um Platz für ein Gartencenter zu schaffen. Die Arena wurde im August 2012 unter Denkmalschutz gestellt. 


Drumherum entstand ein modernes Wohngebiet. Vor dem Abriss verschont wurden außerdem noch eine alte Villa,
ein Schulungsgebäudes und eine scheinbare Wohneinheit. 


Inzwischen wurde das Gelände von einem privaten Investor gekauft, der dort ein Restaurant betreibt.

Der Hausmeister wohnt auch auf dem Areal.


Hier noch was interessantes: Die Mutter des bekannten Berliner Eisbären "Knut" trat bis zur Auflösung des Staatszirkus der DDR in verschiedenen Shows auf, wurde dann erst an den Zoo in Nürnberg verkauft und landete später im Zoo Berlin.

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